DOBIASCHOFSKY -Fondée en 1923

XXVII Nach so viel Jahren imAuktionshaus gibt es doch sicher unzählige Geschichten oder emotionale Momente zu erzählen? Einer der eindrücklichsten Momente wäh- rend einer Versteigerung ist sicher, wenn der Auktionssaal bis auf den letzten Stuhl be- setzt ist und sich die Gebote nach anhalten- dem Bietergefecht bereits bei einer Million oder darüber befinden. In dieser Situation herrscht in der Regel eine Ruhe im Saal wie bei einem klassischen Konzert, bei welchem erst der finale Pauken- bzw. Zuschlag mit rauschendem Beifall honoriert wird. Beson- ders in Erinnerung geblieben ist mir auch die Auktion im November 2019. Damals konnten wir eine Sammlung von rund 200 exquisiten Patek Philippe-Uhren versteigern. Das Interesse war immens, teilweise hatten wir Dutzende Telefonbieter aus der ganzen Welt für ein Objekt, sodass sich die Auktion bis in die späten Abendstunden hineinzog. Am Schluss waren alle Uhren verkauft: ein seltener, sogenannter «White Glove Sale». Auch während der Einlieferungsphase ha- ben wir schon manch Brisantes erlebt. Ein Fall ereignete sich nach dem Anruf eines Mitarbeiters einer Fabrik. Ich wurde gebe- ten, Gemälde zu begutachten, die bereits in einem Container zur Entsorgung bereit- gestellt waren. Nach kurzer Überprüfung musste ich mit Schrecken feststellen, dass es sich um wertvolle Arbeiten des 19. Jahrhun- derts handelte. Beim anschliessenden Ver- kauf in der Auktion wurden insgesamt rund Fr. 800‘000.- erzielt. Der zuständige Buch- halter der Firma hatte letztlich sogar Mühe, den überraschenden Gewinn zu verbuchen. Ein anderes Mal wurden wir von einem Kun- den beauftragt, im Estrich eines Patrizier- hauses Gegenstände zu sichten, nachdem ein anderes Auktionshaus bereits konsultiert worden war. Aufgrund der vor Ort vorge- fundenen dichten Spinnweben und Staub- schicht waren die Räumlichkeiten offenbar nur oberflächlich begutachtet worden, ohne dass man die noch verpackten Objekte ge- nauer unter die Lupe genommen hätte. Zu unserer Überraschung und zur Zufrieden- heit der Eigentümer fanden wir schliesslich Kunstgegenstände und Gemälde mit einem Verkaufswert von mehreren Hunderttau- send Franken. So kommt uns manchmal zufällig auch eine Art «Hüter»-Funktion zu, die Wertvolles vor dem unwiederbringlichen Verlust zu retten vermag. Mit der hohen Kaufkraft und ihrer zent- ralen Lage hatte die Schweiz lange eine wichtige Stellung im Kunstmarkt. Wird das so bleiben? Die Schweiz war schon immer ein attraktiver Ort für den Kunsthandel, der vom markt- wirtschaftlich liberalen Umfeld, der geografi- schen Lage, der Mehrsprachigkeit und nicht zuletzt von der politischen Stabilität unseres Landes profitieren konnte. Entsprechend etablierten sich im Verlauf der Zeit auch be- deutende Privatsammlungen und Messen wie die Art Basel. Aus globaler Sicht spielt die Schweiz auf dem heutigen Kunstmarkt Besprechung einer Werbekampagne.

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