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Vanität mit Musikinstrumenten, Grafik, Spielkarten, Notenblatt, Süssigkeiten, Blumenvase, Himmelsglobus und Büchern.
Öl auf Leinwand, a.d. Buchrücken sig. "StosKopff" u. dat. 1657(?), verso (wohl nachträglich) bez. "Hos. Feyis 1667",
95,5x112 cm
Provenienz: Kunstsammlung der Familie Lessing, Schloss Meseberg, Brandenburg (heute Gästehaus der Regierung der Bundesrepublik Deutschland); Internationales Kunst- und Auktionshaus, Berlin, 3. Dezember 1931, Lot-Nr. 786 (dort als niederländischer Meister der 2. Hälfte des 17. Jh. angeboten); Privatbesitz, Schweiz.
Gutachten: Birgit Hahn-Woernle, Esslingen, März 2015.
Restaurierungsgutachten: Dr. Christian Heydrich, Basel, 22. April 2015.
Literatur: Birgit Hahn-Woernle, Sebastian Stoskopff. Mit einem kritischen Werkverzeichnis der Gemälde, Stuttgart 1996, S. 200, Nr. 42 (mit ganzseitiger Abbildung S. 201, dort betitelt "Fünf Sinne mit Himmelsglobus").
Das angebotene Gemälde gehörte zur bedeutenden Sammlung der Familie Lessing, die von Carl Robert Lessing (1827-1911), dem Grossneffen des berühmten Schriftstellers Gotthold Ephraim Lessing und Eigentümer der Vossischen Zeitung, begründet wurde. Carl Robert Lessing erwarb das brandenburgische Schloss Meseberg 1885 für seinen Sohn Gotthold Ephraim Lessing, dessen Witwe Anna die Sammlung 1931 aus finanziellen Gründen versteigern lassen musste.
Zum Leben und Wirken von Sebastian Stoskopff sind kaum schriftliche Dokumente überliefert. Im Zusammenhang mit seiner Ausbildung zum Maler bat sein Vater 1614 den Strassburger Rat um Unterstützung. Im Folgejahr finden wir Stoskopff beim Kaufmann, Architekten und Maler Daniel Soreau in der Hanauer Neustadt, wo er eine Lehre absolvierte und die Werkstatt nach dem Tod seines Meisters bis 1622 weiterführte. Künstlerische Impulse empfing er von der flämischen Stilllebenmalerei und den Arbeiten Georg Flegels, der ab den 1590er Jahren in Frankfurt tätig war. Durch eine Publikation von Joachim von Sandrart ist für 1629 eine Reise des Malers nach Italien belegt. Nach Ablehnung seines Gesuches um die Niederlassung in Frankfurt begab sich Stoskopff über Lothringen nach Paris, wo er bis 1639 lebte und vermutlich Kontakte zum flämischen Maler Pierre Boucle und zu den Künstlern Jacques Linard und Lubin Baugin sowie zur Familie Moillon unterhielt. Ab 1641 finden wir den Strassburger wieder in seiner Geburtsstadt, wo er in die Zunft zur Steltz eintrat und zu Wohlstand und Ansehen kam. Zeugnis hiervon legen unter anderem seine beiden Kompositionen "Triumph der Galathea" und "Kleine Gläserküche" ab, die Kaiser Ferdinand III. 1651 von Graf Johannes von Nassau-Idstein und Joachim von Sandrart wohl als Geschenk erhielt. 1655/56 wurde Stoskopff an den Hof des genannten Grafen nach Idstein berufen. Unter welchen Umständen er dort zu Tode kam, ist nicht restlos geklärt. Als weit herum geschätzter Stilllebenmaler mit renommierter Käuferschaft - darunter Kardinal Richelieu und Charles Le Brun - war der elsässische Maler namentlich für seine Wiedergabe von silbernen, goldenen und gläsernen Gefässen und für die "Kupferstiche" bekannt, die er seinen allegorisch aufgeladenen Gemälden als raffinierte Trompe l′oeils einzuverleiben verstand. Sebastian Stoskopff hinterliess rund 80 Gemälde, von denen 33 signiert und zwölf datiert sind.
Das angebotene Werk war bislang nur aufgrund eines Eintrages im 1931 erschienenen Katalog der "Internationalen Kunst- und Auktions-Haus GmbH" in Berlin bekannt, wo es unter der Lot-Nr. 786 abgebildet zur Versteigerung gelangte (Hahn-Woernle, Sebastian Stoskopff, 1996, Nr. 42).
Die Darstellung gibt den Blick frei in eine Art Studiolo. Auf einem Tisch werden dem Betrachter zahlreiche Gegenstände vorgeführt, die sowohl auf die Vergänglichkeit des Lebens als auch auf irdische Freuden hinweisen. In fast pädagogischer Manier präsentiert der Maler gegensätzliche Paare: Dem Kupferstich der büssenden Magdalena von Hendrick Goltzius (1558-1617) antwortet der Kupferstich der Heiligen Familie von Lucas Kilian (1579-1637) nach Hans von Aachen. Letzteres Blatt trug die Aufschrift "Had tegimus te veste, Dei, mi gnate, propago. Tu veste nos tuae tege innocentiae (Unter diesem Gewand bedecken wir Dich, Sohn Gottes, entdecke Du uns durch das Gewand der Unschuld)." Neben der Geige, mit welcher der Tod aufspielt, liegt die Laute als Instrument für die Lieder der Liebe. Das Kartenspiel in der unteren linken Bildecke zeigt auf seiner Deckkarte Pik As als Symbol des Todes, während die rechtwinklig darunter eingesteckte Herz fünf während des Kartenspiels als Erkennung der Zuneigung und Liebe gilt. In der gläsernen Vase spiegelt sich ein Fenster mit kreuzweise gefügten Sprossen, während die Narzissen und arrangierten kleinen Blüten als Symbole von Fruchtbarkeit und Tod verstanden sein mögen. Die Zitrone und die gefüllte runde Spanschachtel unten rechts wiederum stehen für Saures und Süsses. Und der Himmelsglobus gibt mit dem Grossen Bären sowie Löwe, Krebs und Zwillingen jene Sternbilder wieder, die im Winter am Himmel sichtbar sind. Alle genannten Objekte werden gehalten bzw. hinterfangen von einer Reihe Bücher.
Die Signatur "Stoskopff" ist deutlich erkennbar, die Datierung nur rudimentär. Das Landschaftsgemälde im oberen linken Eckbereich des Werkes entpuppte sich im Zuge von Untersuchungen durch Restaurator Heydrich in Basel und aufgrund einer Röntgenaufnahme des SIK-ISEA in Zürich als neuzeitliche Übermalung. Unter diesem nachträglichen Eingriff ist ein halbseitig geöffnetes Wandkästchen erkennbar (siehe Abbildung), das sich mit jenem der 1641 entstandenen "Grossen Vanität" in Strassburg gut vergleichen lässt. Diese Wandnische, die eigentlich als Aufbewahrungsort von Kostbarkeiten gedacht war, sich in unserem Fall aber leer und dunkel präsentiert, weist mit ihrem offenen Flügel auf einen über das Irdische hinaus weisenden, wolkenbestandenen Himmelsausschnitt in der oberen rechten Bildecke hin.
Die bezüglich Inhalt und bildlicher Umsetzung äusserst kompakte Komposition lässt eine Datierung in die Jahre nach 1640, möglicherweise auch - wie die Lesbarkeit der im Bild verankerten Jahreszahl 1657 (?) nahelegt - in die 1650er Jahre zu. Von Bedeutung scheint in diesem Zusammenhang die Betonung der Mittelachse durch die Laute und den Kupferstich der Heiligen Familie gegenüber dem Totenkopf und dem leeren Wandtresor in der "Grossen Vanität".
Wir danken Birgit Hahn-Woernle, Esslingen, für die Begutachtung des Gemäldes vor Ort und ihre Unterstützung bei der Katalogisierung.
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